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Christopher Deppe
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Trinkgeld-Nudging: Der Trinkgeld-Button auf dem EC-Gerät

Zehner- und Zwanziger-Euroschein liegen auf einem Tisch

25.  März 2024

  • Die Deutschen zahlen in der Regel bis zu 10% Trinkgeld im Restaurant.
  • Wenn Restaurantgäste mit Karte zahlen, sinkt die Trinkgeld-Bereitschaft. Teilweise wird bis zu 80 Prozent weniger bezahlt.
  • Immer mehr Anbieter von Kartenzahlungsgeräten schlagen den Nutzenden neuerdings auf dem Screen des Kartenlesegerätes eine Trinkgeldsumme zwischen zehn und 25 Prozent vor.

Der Deutsche ist auf die Karte gekommen

Im Restaurant essen gehen oder beim Bäcker Brötchen kaufen - wir bezahlen immer häufiger mit Karte. Denn die fast legendäre Liebe der Deutschen zum Bargeld bröckelt zusehends. 2023 haben schon fast 85 Prozent der Konsumenten mit der Karte bezahlt – Tendenz stetig steigend. Gleichzeitig sank der Durchschnittsbetrag pro Kartenzahlung um knapp zwei Euro. Ein Indiz dafür, dass die Kartennutzenden neben Essens- und Tankrechnungen auch zunehmend kleinere Summen wie das Brot beim Bäcker oder den schnellen Einkauf im Supermarkt per Karte begleichen. Und sowie sich unser Zahlungsverhalten generell ändert, wird aktuell auch zunehmend unsere Bezahlung des Trinkgeldes digitalisiert.

10, 15 oder 20 Prozent Trinkgeld?

Das Display des Kartenlesegeräts blinkt auf – in 5er Schritten wird uns angeboten von 10 bis zu 25 Prozent Trinkgeld auf die Rechnungssumme aufzuschlagen. Und wer kein Trinkgeld geben möchte, der findet auf dem Screen auch eine entsprechende Option per Knopfdruck. Erst wenn wir diese Wahl getroffen haben, wird die Kartenzahlung gestartet. Immer mehr Anbieter von Kartenzahlungsunternehmen bieten diese Form der digitalen Trinkgeldzahlung an. Sie folgen damit einem Kundenwunsch – in den USA längst Usus, wollen die Kundinnen und Kunden auch hierzulande zunehmend ihr Trinkgeld auch per Karte bezahlen.

Digitales Trinkgeld – eine Chance?

Vielfach ist das Trinkgeld ein nicht zu vernachlässigender Teil des Einkommens gerade der Mitarbeitenden in Restaurants, Cafés oder Bars. Das Klischee, dass durch Kartenzahlung die Trinkgeldsumme geringer ausfällt oder gar kein Trinkgeld bezahlt wird, lässt sich jedoch nicht halten: Laut einer Statistik der eat.pay.love-Studie im Auftrag u.a. von Mastercard zahlen die Gäste in überwiegender Mehrheit auch digital Trinkgeld. 12 Prozent der Befragten gaben sogar an, bei der Kartenzahlung mehr Trinkgeld zu zahlen als bei Barzahlung. Allerdings scheint besonders das direkte Anbieten einer Trinkgeldsumme im Rahmen des digitalen Bezahlvorgangs für die Höhe dieses Bonus entscheidend zu sein. Bei einem Experiment in Karlsruhe zahlten die Gäste mehr Trinkgeld, wenn ihnen das Zahlgerät das zu zahlende Trinkgeld in Prozentschritten vorschlug. Der Berliner Anbieter elektronischer Kassensysteme Orderbird spricht sogar von bis zu 60 Prozent mehr Trinkgeld durch einen entsprechenden Button.

Trinkgeld-Nudging?

"Hier ist ja Selbstbedienung, da finde ich das eigentlich gar nicht nötig. Aber wenn man, wie hier, eine Entscheidung treffen muss - irgendwie MUSS man dann ja," berichtet die Kundin einer Berliner Bäckerei von ihrem persönlichen Zahlerlebnis mit Trinkgeld-Button. Sie fühlte sich durch das digitale Trinkgeld-Zahlungsangebot unter Druck gesetzt. Nudging heißt generell das Anstupsen zu einem bestimmten Verhalten. „Trinkgeld-Nudging“ heißt die speziellere Variante, die sich auf das „selbstständige Festlegen der Höhe des Trinkgeldes durch Service-Einrichtungen oder -Dienstleister“ bezieht. In den USA ist Nudging schon Alltag und aktuell verstärkt auch manipulativ eingesetzt. „Dort wird inzwischen versucht, das bisher in Restaurants übliche Trinkgeld von 20 Prozent mit Hilfe von höheren Trinkgeldvorschlägen, die auf der Rechnung aufgedruckt oder in Kreditkartenlesegeräten voreingestellt sind, auf mindestens 25 Prozent nach oben zu nudgen,“ beschreibt das Mook Magazin den Trend.

Wie viel Trinkgeld soll es denn sein?

„Trinkgeld gehört hierzulande zu einem leckeren Abendessen wie die Erdbeere zum Champagner,“ heißt es im Trinkgeld-Guide eines Zahlungsgeräteanbieters. Dabei ist es ein Kann, kein Muss, wie es in der deutschen Gewerbeordnung zu lesen ist: „Trinkgeld ist ein Geldbetrag, den ein Dritter ohne rechtliche Verpflichtung dem Arbeitnehmer zusätzlich zu einer dem Arbeitgeber geschuldeten Leistung zahlt.“ Zehn Prozent in der Gastronomie, bis zu 15 Prozent beim Friseur, ein bis zwei Euro beim Pizzaboten und etwa zwei Euro pro Nacht in der Hotellerie sind Richtpreise für die Trinkgeldzahlung. In Bezug auf die digitale Trinkgeldbezahlung hat der Guide dann auch einen praktischen Tipp: Bevor wir im Restaurant oder Café mit unserer Karte zahlen, sollten wir sicherheitshalber die Kellnerin oder den Kellner fragen, wie wir seine Arbeit belohnen können. Denn es muss geklärt sein, wie das ggfs. digitale Trinkgeld nach unserer Zahlung auch bei ihr bzw. bei ihm ankommt. 


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