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Sebastian Poullie
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Film [Doku, TrueCrime, Drogenhandel]

Shiny_Flakes

Maximilian Schmidt, der Protagonist der Doku Shiny Flakes, sitzt im Dunkeln vor seinem PC.

Netflix
Dokumentation, TrueCrime, Drogenhandel

Erst vor wenigen Wochen ging es bei uns um die dritte Staffel How To Sell Drugs Online (Fast). Die deutsche Serie, die es teils auch international an die Spitze der Netflix-Charts geschafft hat, dürfte den meisten wohl mittlerweile bekannt sein. Aber die wenigsten wissen, dass die Serie über den Schüler Moritz tatsächlich auf einer wahren Geschichte basiert.

Drei Kriminalbeamte in hygienischen Überzügen dokumentieren das Zimmer von Maximilian Schmidt, dem Protagonist der Doku Shiny Flakes.
Quelle: Netflix

Der echte Moritz Zimmermann heißt Maximilian Schmidt...

...und abgesehen davon kann man sich das meiste wohl schon denken: 2013 entwickelte Max die Website "shinyflakes.com", über die im öffentlichen Web Drogen bestellt werden konnten. Dabei programmierte er nicht nur die Seite, sondern übernahm auch Bestellungen, Versand und Logistik des Geschäfts - und all das jahrelang aus seinem Kinderzimmer. Shiny_Flakes erzählt die wahre Geschichte des "Teenage Drug Lords", auf dem besagte Netflix-Serie lose basiert. Produziert wird die Doku von der selben Firma, die auch How to Sell Drugs Online (Fast) entwickelt hat: die Bild und Ton Fabrik (BTF). Somit sind also echte Experten am Werk.

Maximilian Schmidt, der Protagonist der Serie Shiny Flakes, sitzt frontal vor seinem PC und schaut in die Kamera.
Quelle: Netflix

Eine deutsche Produktion tastet sich ins True-Crime Format

Die Doku erinnert insgesamt sehr an eine klassische True-Crime Produktion. Der große Unterschied ist hier bloß, dass Maximilian Schmidt selbst durch seine Geschichte führt. In einem Nachbau seines Kinderzimmers stellt er ganz genau dar, wie und wo er gearbeitet hat. Untermalt wird das Ganze mit Interview-Snippets von Richtern, Kriminalbeamten und auch von Schmidt's Psychologen. Es ist spürbar, dass die Macher der Doku sich an dem Stil großer True Crime Produktionen orientieren wollen, dabei aber längst kein so selbstsicheres Format erschaffen, wie andere internationale Macher. Viele Interview-Szenen wirken etwas zu pompös, zu gut ausgeleuchtet und beinahe künstlich, und das bricht immer wieder den Flow. Die nachgestellten Szenen in Schmidts Kinderzimmer-Nachbau funktionieren dafür aber umso besser. Gemeinsam mit ihm rutscht man immer tiefer in den Strudel des Online-Drogenhandels, der ihm schon bald über den Kopf wachsen soll.

Auf dem Schreibtisch des Hauptcharakters von Shiny_Flakes stapeln sich Drogentütchen, Müsli und Elektronik.
Quelle: Netflix

Zwischen Faszination und Unverständnis

Getragen wird die Doku definitiv durch eine zentrale Frage: Was ist das für ein Typ? Maximilian Schmidt passt in kein gängiges Täterprofil. Er konsumiert selbst keine Drogen, stellt mit dem verdienten Geld nichts an und wird scheinbar vor allem von der Faszination für das rapide Wachstum seiner Website angetrieben. Tag und Nacht investiert er, um Bestellungen anzunehmen, die kleinen Tüten zu packen und zu versenden. Dabei hat er immer das Ziel vor Augen, seinen Ertrag und seine Reichweite möglichst zu vergrößern. Ein Verständnis für seine Taten entwickelt sich nicht wirklich - viel mehr schaut man ratlos dabei zu, wie ein Teenager sich kaputt arbeitet, ohne dabei einen ersichtlichen Vorteil aus seiner Arbeit zu ziehen. Shiny_Flakes malt das Porträt eines einzigartigen Kriminellen, der in vielen Hinsichten seltsamer erscheint als die anderen Täter, die man aus dem True Crime Genre gewohnt ist. Maximilian Schmidt bleibt arrogant, selbstverliebt und unnahbar - und am Ende kann man doch nicht aufhören ihm dabei zuzusehen, wie er sich immer tiefer in einer leeren Vision verliert.

Fazit:  3/5 Spaghettiteller-Scherben. Eine interessante, kurzweilige Doku über einen außergewöhnlichen Täter. Im direkten True Crime Vergleich fällt der Film allerdings eher ins Mittelfeld.


Unsere Serien- und Film-Expertin

Hannah Schürkamp - Film-Enthusiastin & Studentin (Geschichte, Englisch)

Hannah Schürkamp sitzt auf einem Sofa und schaut zur Seite
Foto: Sebastian Schütte

Nach zwei Semestern Medien-Studium habe ich mich schlussendlich dagegen entschieden, beruflich am Set zu arbeiten - meine Begeisterung für Filme und Serien hat dadurch jedoch nicht abgenommen. Egal welches Genre, ob Streaming, Kino oder DVD, Hollywood-Klassiker oder Low Budget-Produktion: sowohl gute als auch weniger gute Filme schaue und diskutiere ich unvoreingenommen und mit viel Liebe für die Sache.

Über Anregungen und Kommentare freue ich mich!