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Aaron Knipper
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Streaming-Tipp "The Banshees of Inisherin"
Film [Drama, Sozialsatire]

The Banshees of Inisherin

Streaming-Tipp "The Banshees of Inisherin"

Disney+
Drama, Sozialsatire

Ghosting ist eine Erscheinung der Moderne...sollte man zumindest meinen. Dass auch Freundschaften des frühen 20. Jahrhunderts mit erschreckend vertrauten Problemen zu kämpfen hatten, zeigt der Oscar-Anwärter The Banshees of Inisherin von Martin McDonagh. Es ist 1923 und Colm möchte nicht mehr mit Pádraic befreundet sein. Was simpel klingt, ist der Beginn einer dramatischen Abwärtsspirale, die mit wenigen Mitteln einen großen Effekt erzielt.

Streaming-Tipp "The Banshees of Inisherin"
© Searchlight

Bekannte Gesichter in einer fremden Welt

Colin Farrell und Brendan Gleeson erleben wir nicht zum ersten Mal als ungleiches Duo. In Brügge sehen... und sterben? haben sie bereits ihre Fähigkeit bewiesen, eine spannende Chemie auf die Leinwand zu bringen. In The Banshees of Inisherin leben sie als irische Einsiedler auf einer einsamen Insel im Ozean. Hin und wieder schallen Schüsse vom Horizont herüber, doch ansonsten spürt man auf Inisherin nicht viel vom Bürgerkrieg, der auf dem Festland wütet. Isoliert und einsam, fernab der Moderne, leben die wenigen Einwohner der Insel ihren immergleichen Alltag, bis Colm sich entschließt, seinem jüngeren Kumpel die Freundschaft zu kündigen. Zunächst löst Colms Abweisung in Pádraic bloß Verwirrung aus, bevor sich die Situation für ihn in eine mittelschwere Katastrophe verwandelt. Er kann nicht begreifen, was Colm zu den drastischen Taten treibt, die im Verlauf des Films immer grausamer werden.

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© Searchlight

Kein Feelgood-Streifen 

Das Lachen, das sich zu Anfang des Films immer wieder aufdrängt, bleibt einem im Verlauf der Handlung immer mehr im Halse stecken. So richtig gut geht es niemandem auf der Insel, und das ändert sich auch bis zum Ende des Films nicht. Pádraic ist der sympathische, aber furchtbar naive Hauptprotagonist dieser irischen Verschlimmbesserung. In langen, quälend langsamen Dialogen scheint man sich ewig im Kreis zu drehen, bevor uns die Handlung mit dem nächsten Schocker wachrüttelt. Wenn der Abspann zu leisen Klaviertönen über den Bildschirm läuft, dann muss man erst einmal schlucken und sich daran erinnern, dass man Zuhause auf dem Sofa sitzt und nicht in einer kargen Hütte inmitten Irlands. The Banshees of Inisherin packt und lässt nicht mehr los, bis der Film vorüber ist.


Eine Zeitreise ohne Lösung

Nach seinen letzten Erfolgen hätte Regisseur Martin McDonagh sich auch für eine größere Erzählung entscheiden können. Doch statt großem Budget und knalliger Action bedient sich der Regisseur eines sehr viel kleineren Rahmens. Er wählt eine winzige Insel, auf der die Emotionen erschreckend vertraut erscheinen. Und am Ende des Tages stellt der Film viele Fragen, die man mit nach Hause nimmt: Wie funktioniert eine Freundschaft, die ihr Ablaufdatum überschritten hat? Was ist erlaubt, wenn es um das eigene Bedürfnis nach Selbstverwirklichung geht? Eine befriedigende Antwort hält der Film auf diese Fragen nicht bereit, und doch bietet er eine intensive Reise in das Innenleben diverser trauriger und verschrobener Charaktere. Auf diese Filme muss man stehen - wer nach einer leichten Abendunterhaltung sucht, den wird das Drama wohl eher deprimiert zurücklassen.

 

Fazit:  3/5 Mini-Esel namens Jenny. 'The Banshees of Inisherin' ist eine beeindruckende Charakterstudie, die teilweise aber ein wenig zäh und düster daherkommt. Nichts für schwache Nerven!


Unsere Serien- und Film-Expertin

Hannah Schürkamp - Film-Enthusiastin & Studentin (Geschichte, Englisch)

Hannah Schürkamp sitzt auf einem Sofa und schaut zur Seite
Foto: Sebastian Schütte

Nach zwei Semestern Medien-Studium habe ich mich schlussendlich dagegen entschieden, beruflich am Set zu arbeiten - meine Begeisterung für Filme und Serien hat dadurch jedoch nicht abgenommen. Egal welches Genre, ob Streaming, Kino oder DVD, Hollywood-Klassiker oder Low Budget-Produktion: sowohl gute als auch weniger gute Filme schaue und diskutiere ich unvoreingenommen und mit viel Liebe für die Sache.

Über Anregungen und Kommentare freue ich mich!