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Christopher Deppe
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Film [Musical, RomCom]

Mamma Mia!

Streaming-Tipp: Mamma Mia!

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Musical, RomCom

Mamma Mia!... wo fängt man da an.

Für Mamma Mia! würde ich im strömenden Regen im Freilicht-Kino sitzen bleiben.

Für Mamma Mia! würde ich das EM-Finale verpassen.

Es gab bisher wahrscheinlich keinen Tag in meinem Leben, an dem ich keine Lust auf Mamma Mia! hatte.

Hoffentlich ist das Warnung genug für alle, die hier auf meine Unvoreingenommenheit setzen. 

Denn das hier ist ein Liebesbrief.

Was ist Mamma Mia? 

Ein Film? Ein Drogentrip? Eine Offenbarung?

Irgendwie ein bisschen von Allem. Das Wort “Musical” wird dem glitzernden, völlig überdrehten, dramatischen Chaos nicht wirklich gerecht - denn ein Musical wird von Liedern unterstützt. Was die ABBA-Hommage allerdings tut, das ist von außen nur schwer nachzuvollziehen. Jede einzelne DarstellerIn scheint den ABBA-Lifestyle förmlich absorbiert zu haben, anders ist die Performance des Casts nicht zu erklären. 

Da haben wir eine junge Amanda Seyfried, die mit Abstand am besten (und vielleicht auch überhaupt als einzige gut) singt und dabei ihre riesigen Augen in jeder Szene so weit aufreißt, dass man gar nicht anders kann, als von ihrer erschlagenen Begeisterung angesteckt zu werden. Meryl Streep, mehrfache Oscar Preisträgerin, die sich manisch lachend über den Boden und von GreenScreen-Effekt zu Schnittcollage rollt und ABBA-Songtexte ausatmet. Pierce Brosnan, der aus irgendeinem Grund als untalentiertester Sänger gleich drei Solo-Stücke performt, und das mit einem Ausdruck, der irgendwo zwischen Gähnen und Opernsänger seine bittere Würze entfaltet. Colin Firth, der offensichtlich die Zeit seines Lebens dabei hat, ein Outing in der schillernden Kulisse Griechenlands hinzulegen. Und natürlich die fantastische Kombination aus Christine Baranski und Julie Walters, die scheinbar geboren wurden, um die weibliche Version von Bud Spencer und Terrence Hill zu verkörpern - nur eben tanzend und trällernd, mit viel Glitzer und großer Entourage.

Was will Mamma Mia

Eine Geschichte erzählen? Nun, die erzählt sich schnell. Die junge Sophie weiß nicht, wer ihr Vater ist, und lädt deswegen prompt gleich alle drei potentiellen Kandidaten zu ihrer Hochzeit nach Griechenland ein. 

Eine musikalisch wertvolle Darbietung liefern? Man muss wirklich kein Musik-Genie sein, um zu erkennen, dass die meisten Performances tonal eher halbgar daneben liegen, als zu funktionieren. 

Ein Musical verfilmen? Sicher, die meisten Choreographien sitzen perfekt. Aber dann sind da eben noch die unzähligen Griechen, die ihre Köpfe in den unpassendsten Momenten ins Bild stecken, die oberkörperfreien Junggesellen, die wild wackelnd in Schwimmflossen über den Steg hüpfen, und die zahlreichen anderen Momente, die nur eines zu schreien scheinen: wir nehmen uns nicht ernst. Ein narratives Muster sucht man hier vergeblich. Die Songs kommen so plötzlich wie sie gehen, und das im ständigen Wechsel. In jeder Szene wartet man förmlich darauf, angesprungen und gepackt zu werden, um sich von einer Wahnsinns-Tanz-Collage um ABBAs Voulez Vous? mitzerren zu lassen. Mamma Mia! ist vieles, und vor allem alles auf einmal. 

Was macht Mamma Mia

Spaß. Simpel und einfach: Spaß!

Keiner der DarstellerInnen ist übermäßig talentiert oder beweist seine große Schauspielkunst. Keine Choreographie bleibt wirklich klar im Kopf. Die Bildsprache ist knallig, übertrieben und inkohärent.

Aber macht das wirklich was aus? Nein!

Denn die Stimmung, die sich im Raum ausbreitet, sobald die ersten Töne erklingen, ist einmalig. Kein anderer Film versprüht so viel Lebensfreude, Begeisterung und Spaß am Dasein wie Mamma Mia!. Jeder einzelne Song schlägt ein, jede einzelne Dialog-Szene bringt einen zum Lachen. In seiner übertriebenen Plastik wirkt plötzlich alles wieder unheimlich echt: und das kann wohl nur daran liegen, wie offensichtlich sich wohl alle Beteiligten beim Dreh gefühlt haben. Die Nähe zwischen drei gackernden Freundinnen, einer Mutter und ihrer Tochter am Hochzeitsmorgen - all diese Momente bauschen den emotionalen Blumenstrauß von Mamma Mia! zu einem vollen Bouquet auf und machen jeden einzelnen Rewatch unvergesslich.

Vermutlich wird mich nie jemand von meiner Leidenschaft für dieses Feuerwerk eines Films abbringen - und vielleicht diskreditiert das meine Meinung über andere Filme nun für immer. Aber für mich ist Mamma Mia! genau das, was ein Film sein sollte: ein Liebesbrief an das Dasein. 

In ewiger Treue...

 

Fazit:  4/5 unerwartet eingeworfenen Meryl-Streeps-Gesicht-im-Roulette-Tisch-GreenScreen-Aufnahmen. Mamma Mia! hat seine Fehler, aber dafür schämt sich der Film nicht. Dafür muss man ihn einfach lieben, oder?


Unsere Serien- und Film-Expertin

Hannah Schürkamp - Film-Enthusiastin & Studentin (Geschichte, Englisch)

Hannah Schürkamp sitzt auf einem Sofa und schaut zur Seite
Foto: Sebastian Schütte

Nach zwei Semestern Medien-Studium habe ich mich schlussendlich dagegen entschieden, beruflich am Set zu arbeiten - meine Begeisterung für Filme und Serien hat dadurch jedoch nicht abgenommen. Egal welches Genre, ob Streaming, Kino oder DVD, Hollywood-Klassiker oder Low Budget-Produktion: sowohl gute als auch weniger gute Filme schaue und diskutiere ich unvoreingenommen und mit viel Liebe für die Sache.

Über Anregungen und Kommentare freue ich mich!